Ihre Fans begleiteten Maria, ihren Mann Tobi und Hund Walter beim Heiraten. Die Community war dabei, als das Paar sich durch künstliche Befruchtung den lang ersehnten Kinderwunsch erfüllte und als Baby Bruno 2021 auf die Welt kam. Zwischen den privaten Momenten und den Spendenaktionen, die ihr am Herzen liegen, teilt Maria selbst gedrehte Werbeclips für Produkte, die zu ihr passen. Von Klamotten über Lebensmittel und Kosmetik bis hin zum Staubsaugerroboter ist vieles dabei. Die Hauptsache ist: Authentisch muss es sein!
Meistens filmt Maria direkt in ihrem Wohnzimmer in Sandersdorf-Brehna bei Halle (Saale). Viel Technik braucht sie für ihre Arbeit nicht – Handy an, Kamera an und los geht es. Was ihr Instagram-Profil einmalig macht? „Ich denke, dass mein Account sehr breit gefächert ist“, sagt Maria. „Meine Fans lieben, dass sie bei mir ein bisschen Comedy kriegen, dass ich sie mit meiner Stimme berühre, aber auch, dass ich völlig alltägliche Sachen zeige.“
Vom Vorprogramm auf die Partyinsel
Bereits als Teenagerin zog es Maria vor Publikum. Eine Freundin ihrer Mutter organisierte dem jungen Mädchen einen Auftritt im Vorprogramm eines Open-Air-Events in der Region. „Ich war 14 oder 15 Jahre alt und wurde ein bisschen belächelt“, sagt Maria. Sie teilte sich damals eine Bühne mit Bands wie Boney M. oder The Rubettes. Die Engländer mit dem Hit „Sugar Baby Love“ wurden gebeten, Maria zu einem Playback zu begleiten. „Die haben sich mehr oder weniger verarscht gefühlt. Aber als ich dann angefangen habe zu singen, veränderten sich ihre Gesichter. Man sieht das auf dem Video richtig, wie sie sich angucken und denken: Okay, die Kleine kann was. Und dann sind die richtig abgegangen.“ Mit dabei: Ihre Eltern, Freunde – und Moderator DJ Düse.
„DJ Düse war später ganz groß auf Malle im Bierkönig. Nach dem Auftritt kam er zu mir und gab mir 50 Euro von seiner Gage. Er war begeistert von meinem Gesang und fand es traurig, dass ich damals gar kein Geld bekommen habe“, sagt Maria. Der Beginn einer Freundschaft. Als DJ Düse in Mallorca durchstartete, ergaben sich auch für Maria neue Möglichkeiten.
Tragisches Aus nach dem Recall
Sie flog mit ihrem Vater auf die Insel und konnte ein Produzenten-Team von sich überzeugen. Mit 16 Jahren erhielt sie einen Vertrag, aber löste ihn wieder auf, um bei „Deutschland sucht den Superstar“ teilzunehmen. „Du durftest als Kandidatin keine vertraglichen Verpflichtungen haben“, sagt Maria. Damals schaffte sie es bis in den Recall, doch dann bekam Maria eine Diagnose, die ihre Karriere vorläufig beendete: Ärzt*innen fanden in ihrem Kopf einen Tumor.
"Unsere Follower sind unsere beste Währung. Ohne die könnte man sich den ganzen Bums sparen." — Maria König
Sicherheit spielte in ihrem Leben schon immer eine große Rolle, seither aber vielleicht noch mehr. Maria verließ sich nie auf ihr Talent allein. Schon als Teenager hatte sie für ein Taschengeld in Pensionen geputzt. Später machte sie eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten in der Praxis ihrer Eltern. Nebenbei begann sie wieder zu singen und nahm an weiteren Castingshows wie „The Voice of Germany “ oder „Popstars“ teil. „Ich hatte viele Auftritte und war gut unterwegs. Dafür, dass ich noch recht jung war, habe ich schönes Geld damit verdient. Aber ich hatte nicht den großen Durchbruch.“
Mittlerweile volljährig, hätte sie von ihrer Musik leben können, doch die Unplanbarkeit ihrer Einkünfte sei einfach nichts für sie gewesen. „Ich war damals nebenberuflich selbstständig als Künstlerin und habe in der Zahnarztpraxis gearbeitet“, sagt die Sandersdorferin. „Das war ein cooler Job, den ich gerne gemacht habe, aber ich hatte das Gefühl, dass ich etwas Eigenes brauche.“
Und dann kam Facebook
Rückenschmerzen und der Tipp eines Freundes brachten sie auf EMS – Elektrische Muskelstimulation. „Sport mit Strom“, sagt Maria. „Ich bin damals zu einem Probetraining gegangen und war direkt begeistert. Du trainierst 20 Minuten und es fühlt sich an, als hättest du drei Stunden im Fitnessstudio geackert.“
Maria machte ihren Trainerschein und eröffnete ein eigenes Studio über der Zahnarztpraxis ihrer Eltern. Beim Businessplan bekam sie Unterstützung von einer Unternehmensberaterin, die Agentur für Arbeit gewährte ihr den Gründungszuschuss. Dieser Schritt ermöglichte ihr eine sichere Basis und gleichzeitig die Flexibilität, die sie brauchte, um ihre Gesangskarriere im Nebenerwerb voranzutreiben.
Etwa zur gleichen Zeit richtete sie sich ein Facebook-Profil unter ihrem Künstlernamen maria.estella ein. Bei Facebook konnte Maria kostenlos und unkompliziert Videos von neuen Songs hochladen, sich mit anderen Künstler*innen und ihrer wachsenden Fan-Gemeinde vernetzen und Auftritte an Land ziehen.
Zwei Jahre später wurde auch Instagram wichtiger. „Am Anfang konnte man auf Instagram nur Fotos und superkurze Videos posten. Das war natürlich für meine Musik völlig sinnlos.“ Sie fütterte das Netzwerk jahrelang, ohne einen Cent damit zu verdienen, aber mit dem Gefühl: Da geht vielleicht noch was.
Viraler Hit über Nacht
Stück für Stück nahm sie ihre Facebook-Community auf die neue Plattform mit. Als ihre Interpretation von „I will always love you“ über Nacht ein viraler Hit mit zwei Millionen Aufrufen wurde, lag die Zahl ihrer Follower*innen bereits bei 14.000. Das Fernsehen berichtete über die Sachsen-Anhalterin. Maria nahm an Spielshows teil. Mit jedem weiteren TV-Auftritt folgten ihr mehr Menschen.
Während Facebook zunehmend an Bedeutung verlor, veränderte sich Instagram, machte mehr möglich. Als die App 2016 die Funktion der Storys einführte, sei das für Maria ein Segen gewesen. „Da konnte ich endlich zeigen, wie ich wirklich ticke.“ Die Community liebt Maria dafür, dass die sich selbst nicht immer so ernst nimmt, sich auch mal ohne Make-up zeigt und einfach locker ist.
Pandemie sorgt für Durchbruch
In Marias Umfeld habe es jedoch auch negative Reaktionen auf ihren wachsenden Bekanntheitsgrad gegeben. Zu einem ihrer Videos wurde ein Shitstorm gestartet. Man habe sie für arrogant gehalten. Einige hätten ihre Meinung mittlerweile geändert und sich sogar bei ihr entschuldigt. „Ich bin schon stolz, dass sich das alles so entwickelt hat und dass ich auch durch Instagram mit Vorurteilen aufräumen konnte“, sagt Maria.
Sängerin ist Maria nur noch bei Hochzeiten, da sich das besser mit ihrer Familie vereinbaren lässt. Mittlerweile kann sie sehr gut von ihren Instagram-Aktivitäten leben, ein Grund ist auch die Pandemie. Erste Kooperationsanfragen hatte Maria auch schon vor Corona. Als der Einzelhandel jedoch schließen musste und der Online-Handel boomte, profitierten auch die Influencer*innen.
„Ich hatte schon vorher ein paar Einnahmen durch Instagram, aber es war noch nicht so, dass das meinen Verdienst aus den Sport-Kursen gedeckt hätte“, sagt Maria. „Plötzlich haben alle online geshoppt. Da ist es auch bei mir explodiert.“
Erste eigene Kollektion für Babykleidung
Eine Agentur, die sie managt, hatte die Influencerin nur zur Probe. Sie regelt ihre Angelegenheiten lieber selbst. Um ein Gefühl für ihren Marktwert zu bekommen, brauchte es dann aber doch etwas Hilfe. „Am Anfang habe ich mich komplett unter Wert verkauft“, sagt Maria. „Da hatte ich noch nicht so den Austausch mit anderen Influencern. Der ergibt sich jedoch ab einer gewissen Followerzahl von allein.“
Verlinken und vernetzen gehört zum Geschäft. Wichtig sei dabei, seine Zielgruppe und sich nicht aus den Augen zu verlieren. Genau so wählt Maria auch ihre Kooperationen aus. Was sie nicht nutzt oder ihrer Meinung nach ihre Fans nicht interessiert, wird nicht beworben.
Demnächst bringt Maria sogar eigene Produkte auf den Markt. Eine Premiere. Gemeinsam mit Baby Sweets, dem Online-Handel für Baby-Mode aus Sachsen-Anhalt, hat sie kürzlich ihre erste Kollektion designt. Schon in Marias Schwangerschaft kam das E-Commerce-Startup mit der Idee auf sie zu. Entstanden sind Bodys, Shirts und Hosen in den Lieblingsfarben und Stoffen der jungen Mutter. Darauf Sprüche wie „Junges Gemüse“ oder „Ladys beruhigt euch“ – eben 100 Prozent Maria.
Ostdeutsch als Alleinstellungsmerkmal
Welche Rolle ihr Standort für ihren Erfolg spielt in einem so grenzenlosen Raum wie dem Internet? „Ich glaube schon, dass es von Vorteil ist, dass ich aus dem Osten komme. Speziell in Sachsen-Anhalt gibt es kaum Influencer“, sagt Maria. Ihre Follower*innen kommen hauptsächlich aus dem eigenen Bundesland, aus Berlin und Sachsen. „Man kann natürlich sagen: Ost und West ist lange her, aber es gibt Unterschiede, zum Beispiel wie man sich artikuliert. Ich finde auch, dass wir uns aus dem Osten weniger Gedanken über unsere Außenwirkung machen. Deshalb können sich Leute aus dem Osten mit mir vielleicht auch so gut identifizieren, weil sie eine andere Nähe bekommen.“
Diese Nähe ist ein Vollzeitjob. Jeden Tag bekommt Maria 600 bis 800 Nachrichten über Instagram, die sie alle persönlich beantwortet, wenn Bruno, Tobi und Walter schlafen. „Ich nehme mir die Zeit für jeden Einzelnen. Ich bin Kummerkasten, wenn man sich mal über die beste Freundin auskotzen möchte, oder gebe Feedback als neutrale Person, wenn jemand ein Problem hat“, so Maria. Das sei das Mindeste. „Unsere Follower sind unsere beste Währung. Ohne die könnte man sich den ganzen Bums sparen. Der Kunde ist König.“
Sie ist sich sicher, selbst wenn Instagram krachen gehen würde: Wer sie bis hierhin auf ihrem Weg unterstützt habe, werde ihr auch auf jede andere Plattform folgen.
Veröffentlicht am 23. Februar 2022
Autorin: Anne Breitsprecher
Fotografin: Carolin Krekow