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HIER. ist der Kompass.

Interview mit Psychologin Anja Beck

Selbst- und Zeitmanagement: So erledigst du deine Aufgaben ohne Stress

Die Deadline rückt näher, wo ist schon wieder die Zeit geblieben? Wie du dir einen realistischen Plan für deine Aufgaben machst, was gegen Prokrastination hilft und warum Selbst- und Zeitmanagement viel mit Zufriedenheit zu tun haben, erfährst du in unserem Interview mit der Psychologin Anja Beck.

Es ist der Klassiker: Wir sitzen den ganzen Tag am Schreibtisch und wissen abends nicht, was wir eigentlich gemacht haben. Was läuft da schief?
Viele Menschen starten oft planlos in den Tag. Sie wollen ganz viel erledigen, aber verheddern sich, springen in ihren Aufgaben, werden vielleicht durch Anrufe oder Kollegen unterbrochen und reagieren dann nur noch. Am Ende des Tages sind sie unzufrieden, weil sie das Gefühl haben, nichts geschafft zu haben.

Erst mal kann es da helfen, eine positive Haltung einzunehmen, also wegzukommen von der Frage: Was habe ich heute nicht geschafft?, sondern drei Dinge zu notieren, die an diesem Tag gut gelaufen sind. Um mehr Struktur in den Arbeitstag zu bekommen, hilft es, sich einen Plan zu machen. Das Schwierige: Der Plan muss realistisch sein. 

Wie schafft man es, sich einen realistischen Plan zu machen?
Dazu empfehlen wir die ALPEN-Methode. Die sieht so aus: 

Aktivitätenliste: Hier schreibe ich alles auf, was an diesem Tag ansteht. Ganz wichtig: Auf diese Liste gehören nicht nur die To dos, sondern auch Pausen wie das Mittagessen oder Kaffeepausen.

Längen schätzen: Dann notiere ich hinter jeder Aktivität, wie viel Zeit ich dafür brauche. Das Problem: Wir unterschätzen fast immer die Dauer von Aufgaben, es gibt viele Faktoren, die eine Sache verzögern können, etwa Störungen von außen, Perfektionismus oder Konzentrationsschwierigkeiten. Mit ziemlicher Sicherheit wird unsere zeitliche Planung deswegen nicht hinhauen. 

Puffer schaffen: Dafür gibt es diesen Punkt. Unbedingt sollte ich ausreichend Puffer einplanen. Wir raten zu etwa 40 Prozent der Zeit eines Arbeitstages – und damit sind nicht die Pausen gemeint. Ich möchte zum Beispiel heute ein Angebot erstellen und vermute, dass ich dafür eine halbe Stunde brauche – dann sollte ich besser eine ganze Stunde für diese Aufgabe einplanen. So mache ich das mit allen Aktivitäten an diesem Tag. 

Entscheidungen treffen: Mit dieser Planung werde ich wahrscheinlich nicht alles schaffen, was auf meiner Aktivitätenliste steht. Deshalb muss ich mich entscheiden: Was ist heute wichtig, was kann ich weglassen? Dringliche Aufgaben sollte ich natürlich erledigen, aber ich würde auch dazu raten, Aufgaben einzuplanen, deren Erledigung mir ein gutes Gefühl geben. Ist ein Punkt besonders unangenehm, empfiehlt es sich, den zuerst am Tag zu erledigen („Eat the frog first“).

Nachkontrolle: Das wird oft vergessen, ist aber wichtig. Am Ende des Tages überprüfe ich, ob ich auch alles erledigt habe und schreibe mir eine Liste für den nächsten Tag. So kann ich mit einem besseren Gefühl in den Feierabend starten. 
 

Selbstmanagement kann durchaus abschreckend klingen – ich muss mich selbst managen, wie ein Business. Wie ist Ihre Perspektive als Psychologin?
Ja, das klingt so nach Arbeit. Aber Zufriedenheit und Glück sind eben auch Arbeit. Das Ziel ist, eine gesunde Balance zu finden und nicht in die Extreme abzurutschen, also entweder nur noch zu arbeiten oder Aufgaben viel zu lange vor sich herzuschieben.

Beim Selbstmanagement geht es nicht nur – wie beim Zeitmanagement – darum, sich zu strukturieren. Sondern man arbeitet daran, sich etwas Gutes zu tun, sich Freiräume zu schaffen, herauszufinden, was zu einem passt, wie man sich motivieren kann. 

Motivation ist ein gutes Stichwort. Manche Aufgaben erledigen wir gerne, andere schieben wir so lange vor uns her, bis es nicht mehr geht. Was hilft gegen Prokrastination?
Ganz wichtig ist, herauszufinden, wofür ich etwas mache. Was gewinne ich durch diese Aufgabe? Zum Beispiel: Wenn ich mich jetzt an die Steuererklärung setze, schaffe ich mir wieder Freiräume für andere Dinge. Gerade bei großen Aufgaben neigen wir dazu, einen riesigen Berg vor uns zu sehen. Doch es kann helfen, kleinteiliger an die Sache heranzugehen, indem man die Aufgabe in mehrere Stückchen aufteilt, die klassische Salami-Taktik.

Eine Methode ist auch der 2-Minuten-Hack: Ich stelle mir den Wecker so ein, dass er nach zwei Minuten klingelt. Dann darf ich aufhören! In dieser Zeit mache ich den allerersten Schritt, zum Beispiel eine erste Internetrecherche. So hat man die erste Hürde genommen und macht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch weiter. 

Selbstständige haben oft keine vorgegebenen Aufgaben und Arbeitszeiten und müssen sich selbst organisieren. Wie schaffen sie am besten eine Struktur, die für sie funktioniert?
Eine feste Struktur ist wichtig, das fängt mit der Zeit an, zu der man morgens aufsteht. Denn das ist gar nicht immer so einfach, wenn niemand kontrolliert, ob man pünktlich am Schreibtisch sitzt. Hier kann es helfen, sich morgens ein Ritual vorzunehmen, auf das man sich freut, etwa die Tasse Kaffee und die Zeitung.

Die Zeiten sollten regelmäßig sein, aber es geht nicht darum, sie auf die Minute genau einzuhalten. Denn manchmal ist es natürlich auch schön, die Freiheiten zu genießen, die eine Selbstständigkeit mit sich bringen kann. Auch hier ist es hilfreich, für sich zu klären: Was bin ich für ein Typ, was passt zu mir?

Wer ein Unternehmen führt, muss nicht nur den eigenen Arbeitsalltag strukturieren, sondern auch dafür sorgen, dass die Mitarbeiter*innen ihre Aufgaben erledigen. Was kann ich als Chefin tun, um meine Mitarbeiter*innen beim Zeitmanagement zu unterstützen?
Erst mal sollte eine Führungskraft gutes Zeitmanagement vorleben. Wer seinen Schreibtisch mit Post-its zupflastert und ständig zu spät zu Meetings kommt, ist natürlich kein gutes Vorbild.

Im Umgang mit den Mitarbeitern ist es wahrscheinlich nicht hilfreich, einfach bestimmte Strategien vorzusetzen, sondern darauf einzugehen, wie sie ticken, welche Methoden ihnen vielleicht helfen können. Hat man das geklärt, kann es sich lohnen, Experten einzuladen, die Ideen in das Unternehmen hineintragen. Mit Druck und Zwang kommt man hier sicher nicht weiter. 


5 Tipps für gelungenes Zeit- und Selbstmanagement:

1.    Zerlege komplexe Aufgaben in kleine, bekömmliche Häppchen und plane diese gut ein („Salami-Taktik“).
2.    Erledige die schwierigen Aufgaben am Vormittag und die leichteren am Nachmittag. 
3.    Frage dich immer nach dem „Warum“ und mache dir dies bei der Erledigung deiner Aufgabe bewusst. 
4.    Nutze die Kraft der Rituale. 
5.    Grenze dich wertschätzend ab, wenn die Erledigung einer Aufgabe nicht mit deinem persönlichen Ziel übereinstimmt – „Nein“ ist ein sehr zeitsparendes Wort und bewahrt dich davor, dass deine Pläne durcheinander geraten. 


Autorin: Sarah Schaefer ist freiberufliche Journalistin und schreibt regelmäßig Porträts über Gründer*innen und andere interessante Menschen.