Auf einen Blick: Vor- und Nachteile der eingetragenen Genossenschaft
Wie bei jeder anderen Unternehmensgründung sollte euren Überlegungen zur Wahl der passenden Rechtsform ein Abwägen der Vor- und Nachteile vorangehen. Stichpunktartig findet ihr die wichtigsten im Folgenden aufgelistet.
Vorteile
- Kein Mindestkapital bei Gründung notwendig
- Teile des privaten Konsums für ordentliche Mitglieder steuerfrei
- Demokratische Strukturen – jedes Mitglied hat unabhängig von der Höhe seiner Einlage ein Stimmrecht
- Erhöhte Insolvenzsicherheit wegen aktiver Kontrolle durch den Prüfverband
- Mieterträge bei Wohnungsgenossenschaften steuerfrei
- Vorstand kann ehrenamtlich, auf Minijob-Basis oder sozialversicherungspflichtig arbeiten.
- Ausschluss des Stimmrechtes bei investierenden Mitgliedern möglich
- Ausschluss von Mitgliedern durch andere Mitglieder schwer möglich
- Austretende Mitglieder erhalten nur den Nennwert ihrer Anteile zurück, nicht den „gemeinen“ (also tatsächlichen) Wert
- im Todesfall eines Mitglieds müssen die Erben nur auf den Nennwert der Anteile Erbschaftsteuer zahlen
Nachteile
- Weniger Entscheidungsfreiheit für Einzelne durch Stimmrecht aller Mitglieder
- Kosten durch Mitgliedschaftspflicht im genossenschaftlichen Prüfverband
- Keine hohen Gewinne für Einzelne möglich
- Keine individuelle Förderung der Mitglieder möglich
- Unliebsam gewordene Mitglieder wird man schwer los
- Bei Austritt erhält man nur den Nennwert der Anteile zurück, nicht den „gemeinen“ (also tatsächlichen) Wert
Rechtsform und besondere Eigenschaften der eingetragenen Genossenschaft
Rechtlich ist die eingetragene Genossenschaft eine Kapitalgesellschaft. Das bedeutet, dass alle Gründer*innen ein Startkapital in die Genossenschaft einbringen müssen. Es gibt hier jedoch keine rechtlichen Vorgaben, die ein Mindestkapital verlangen. Wie viel jede/r von euch einbringt, bestimmt ihr im sogenannten Gesellschaftsvertrag, den ihr vor der Gründung gemeinsam erstellen müsst. In vieler Hinsicht ist die eingetragene Genossenschaft einem Verein ähnlich - Gründer*innen und Mitglieder teilen gemeinsame Interessen und Ziele und fördern durch ihre Tätigkeit soziale und kulturelle Belange. Im Gegensatz zum Verein, der gewöhnlich nicht wirtschaftlich tätig ist, hat die Genossenschaft jedoch genau diesen Zweck: Es handelt sich um einen Zusammenschluss, der an erster Stelle auf wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgelegt ist.
Kosten und Zeitaufwand
Die Gründung einer Genossenschaft ist an bestimmte Rechtsvorschriften gebunden und kostenpflichtig. Wie hoch die Gründungskosten tatsächlich sind, hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Vollständigkeit der notwendigen Unterlagen und der Größe der Genossenschaft. Den größten Brocken stellt dabei die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung des Gründungsvorhabens durch Sachverständige dar, die in eigenen Prüfungsverbänden zusammengeschlossen sind. Ihr solltet je nach Besonderheit eures Gründungsvorhabens von Gesamtkosten zwischen 850 und 2.500 Euro ausgehen. In Ausnahmefällen – wenn etwa der Prüfungsaufwand besonders hoch ist – kann die Gründung auch bis zu 4.000 Euro kosten.
Der Zeitaufwand für die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft ist schwer abschätzbar: Auf jeden Fall solltet ihr von einigen Wochen, manchmal auch Monaten, ausgehen, wenn ihr sämtliche Vorarbeiten und behördlichen Bearbeitungszeiten mit einberechnet. Es ist außerdem sinnvoll, für die Erstellung der Satzung und des Wirtschaftskonzeptes ausreichend Zeit einzuplanen. Je professioneller ihr dabei vorgeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Überprüfung durch Sachverständige positiv ausfällt. Dann verzögert sich die Gründung nicht aufgrund notwendiger Korrekturen. Ein enger Kontakt mit dem Prüfungsverband empfiehlt sich bereits von Beginn an.
Je professioneller ihr dabei vorgeht, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Überprüfung durch Sachverständige positiv ausfällt. Dann verzögert sich die Gründung nicht aufgrund notwendiger Korrekturen. Ist die Gründungsprüfung positiv abgeschlossen, geht es für gewöhnlich schnell. Die Eintragung ins Genossenschaftsregister dauert meist nur einige Tage.
Haftungsfragen
Wie für jeden Wirtschaftsbetrieb bestehen auch für die eingetragene Genossenschaft spezielle Vorgaben zur Regelung der Haftung: Grundsätzlich haften Mitglieder – im Gegensatz zu anderen Rechtsformen – im Insolvenzfall nicht mit ihrem gesamten Privatvermögen. Allerdings haftet die Genossenschaft als Wirtschaftsbetrieb für Verbindlichkeiten mit dem genossenschaftlichen Vermögen. Dieses besteht aus den Einlagen der Mitglieder. Regelungen, die die Haftung betreffen, könnt ihr auch zusätzlich in eure Satzung aufnehmen. Damit lässt sich zum Beispiel die sogenannte Nachschusspflicht, die Mitglieder zu einer Erhöhung ihres Kapitalanteils oder zur erweiterten Haftung bei Insolvenz zwingt, ausschließen. Die Haftung der Genossenschafter*innen ist nur einer der wichtigen formalen Punkte, die ihr vor der Gründung der Genossenschaft klären solltet. Es gibt noch einige weitere, die im Wesentlichen im Genossenschaftsgesetz festgehalten sind.
Schritte zur Gründung der eingetragenen Genossenschaft
Und damit wären wir auch schon bei den Gründungsformalitäten: Die eingetragene Genossenschaft ist auf Kooperation der Gründer*innen und ihrer (zukünftigen) Mitglieder ausgelegt. Dies sollte bereits in der Gründungsphase in die Überlegungen zur Erstellung des Businessplanes und der Gründungssatzung einfließen. Ihr solltet also als Erstes festlegen, wer von euch die Funktion eine/r Gründer*in übernehmen möchte.
Mitglieder
Das Gesetz gibt vor, dass mindestens drei Gründungsmitglieder vorhanden sein müssen. Das können auch drei UGs oder GmbHs sein, die euch gehören und in denen ihr Geschäftsführer*in seid. Der/die Geschäftsführer*in vertritt dann die Körperschaft und kann gefördert werden. Eine weitere Möglichkeit ist, dass ihr selbst, euer/eure Partner*in und eine gemeinsame GbR eine Genossenschaft gründet – also zwei natürliche Personen und ihre gemeinsame juristische. Hier kommt es aber auf die geplante Struktur der Genossenschaft an: Wollt ihr schon bei der Gründung den zukünftigen Aufsichtsrat und Vorstand festlegen, benötigt ihr mindestens fünf Gründer*innen – zwei für den Vorstand, drei für den Aufsichtsrat. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn ihr vorhabt, mehr als zwanzig Mitglieder aufzunehmen. In diesem Fall ist die Bestellung eines Aufsichtsrats nämlich gesetzlich vorgeschrieben.
Konzepterstellung und Name
Als zweiter und dritter Schritt sollten zwei Konzepte erstellt werden: eines für die Erstellung der Satzung, ein weiteres für ein tragfähiges wirtschaftliches Modell. Hier könnt ihr ausformulieren, welchem Zweck eure Genossenschaft dienen soll, welche Unternehmungen und geschäftlichen Tätigkeiten ihr betreiben wollt, wer welche Ämter und Aufgaben übernehmen soll. Wer eine Genossenschaft gründen will, muss ihr außerdem einen Namen geben. Der muss nicht zwingend mit der geplanten Tätigkeit in Verbindung stehen. Überlegt aber dennoch, ob das nicht für eure „Corporate Identity” von Vorteil wäre.
Sind die Ideen weitgehend ausgearbeitet, geht es daran, Satzung und Wirtschaftskonzept in eine Fassung zu bringen, die der Überprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband standhält.
Satzung
In der Satzung wird die Struktur der Genossenschaft festgelegt, Aufgaben und Kompetenzen müssen so klar wie möglich geregelt sein. Dazu gehört auch eine Liste der sogenannten zustimmungspflichtigen Geschäfte, die durch den Aufsichtsrat oder den Vorstand genehmigt werden müssen. Es ist sinnvoll, die Satzung durch ein Rechtsanwalts- oder Notarbüro, das auf Genossenschaftsrecht spezialisiert ist, durchsehen zu lassen. Ihr riskiert dann nicht, dass euer Entwurf vom Prüfungsverband aufgrund rechtlicher Mängel zurückgewiesen wird.
Wirtschaftskonzept
Das Wirtschaftskonzept muss einen Businessplan für mindestens drei Jahre enthalten. Darin müsst ihr möglichst genau darlegen, welche Tätigkeiten und Investitionen ihr plant, wie hoch eure Eigenmittel sind, welche Einnahmen und Ausgaben zu erwarten sind. Der gesamte Wirtschaftsplan hat einen gewichtigen Stellenwert bei der Beurteilung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband. Habt ihr diese beiden Punkte erledigt, kann die Gründungssitzung stattfinden. Alle Gründer*innen unterschreiben nun die gemeinsam erarbeitete Satzung, im nächsten Schritt gehen die Unterlagen an einen der dafür vorgesehenen Prüfungsverbände.
Prüfung
Dort erfolgt nun die sogenannte Gründungsprüfung. Der Verband untersucht, ob die zukünftige Genossenschaft die rechtlichen und formalen Voraussetzungen erfüllt und ob das eingereichte Wirtschaftskonzept den Anforderungen realer wirtschaftlicher Tätigkeit entspricht. Man prüft im Grunde, ob eure Idee auch wirtschaftlich Erfolg versprechend erscheint. Ergeht ein positiver Bescheid, steht euch so gut wie nichts mehr im Weg. Ihr könnt ganz offiziell eure Genossenschaft gründen.
Ein letzter Schritt ist dazu noch notwendig: die Eintragung ins Genossenschaftsregister. Diese erfolgt ganz unkompliziert mittels elektronischem Eintragungsantrag, der allerdings von einem Notarbüro eingebracht werden muss. Sobald der Eintrag registriert ist, seid ihr amtlich bestätigte Genoss*innen.
Fazit
Die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft stellt vor allem für Kleinunternehmer*innen, die gemeinsam wirtschaftlich vorteilhafter handeln wollen, eine interessante Alternative zu anderen unternehmerischen Strukturen dar. Im Mittelpunkt der genossenschaftlichen Tätigkeit stehen die Interessen der Mitglieder anstelle der Gewinnmaximierung.