Neustart unter etabliertem Namen
Er war ehrgeizig: Nach der Ausbildung machte er 2010 seinen Meister, um „das höchste Ziel im Handwerk“ zu erreichen. „Der Malerbetrieb war für mich immer ein cooles Standbein“, sagt der 37-Jährige. „Das hat guten Grund und Boden und darauf lässt sich vieles aufbauen, was sich glücklicherweise auch ergeben hat.“
Statt die Nachfolge im Unternehmen seines Vaters anzutreten, startete Christoph unter eigener Flagge, aber mit dem etablierten Familiennamen. Einfach so für sich und für die Moral, wie er sagt. Er profitierte dabei am Anfang vom Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit. Alles lief zunächst gut, doch nach einem erfolgreichen ersten Jahr folgte der „Crash“: Ein Baustellenkunde zahlte nicht. Plötzlich fehlte eine fünfstellige Summe in der Kasse. Rücklagen, um den Verlust auszugleichen, hatte er nicht. Das ist Alltag für Handwerksbetriebe. Für viele werden Situationen wie diese zum Fallstrick.
Statt Pleite mehr System
Auch Christoph stand kurz vor der Pleite. Doch statt aufzugeben, holte er sich Hilfe von einem Unternehmenscoach. Er setzte sich mit seiner Strategie auseinander, beschäftigte sich mit dem Management seiner Firma, den Mitarbeiter*innen und Finanzen. „Das war so ein krasser Augenöffner“, erinnert sich der Handwerker. „Ich musste erst einmal verstehen, was ich alles falsch mache. Ich wusste plötzlich, dass ich mir Strukturen und Systeme bauen muss, um meinen Laden wieder auf Vordermann zu bringen.“
Er schloss sich drei Tage im Büro ein und versuchte herauszufinden, wo er den meisten Aufwand hat, die meiste Zeit investiert und warum er immer erst nach 21 Uhr zu Hause ist. Danach war das Team gefragt. In einem sechsstündigen Meeting sammelte Christoph die Kritik und Wünsche seiner Leute. Heraus kam eine lange Liste mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen.
„Kommunikation im Team und mit den Kunden war ein riesiges Thema, genauso die Organisation des Lagers und Abnahmen“, zählt der Jung-Unternehmer auf. „Wir hatten nie Probleme mit Mängeln, aber wir haben auch nie Abnahmeprotokolle geschrieben. Wenn ein Kunde nach einem halben Jahr Mängel gemeldet hätte, hätten wir nicht reagieren können. Das war ein Risiko.“
Mit Checklisten zum Erfolg
Daraufhin entwickelte er ein Mappensystem mit Checklisten zum Abarbeiten. Eine Reihe von Fragen leitete Christophs Team durch die Baustellen. Ein Blick in die Mappe und alle Mitarbeitenden waren auskunftsfähig gegenüber den Kund*innen und wussten, was es noch zu tun gibt. An besonders stressigen Tagen hatte Christoph täglich um die hundert Anrufe. Nachdem er das Verfahren mit den Mappen eingeführt hatte, klingelte das Telefon deutlich seltener.
Er verschlankte weitere Prozesse, übergab Aufgaben an die Kolleg*innen und zahlte eine kleine Provision für erfolgreich akquirierte Folgeaufträge. „Insgesamt 20 Prozent des Umsatzes, den wir mit dem Malerbetrieb machen, kommt mittlerweile von meinen Mitarbeitern“, sagt Christoph. „Sie haben Spaß am Verkaufen. In dem Moment, als meine Mitarbeiter mehr Verantwortung bekommen haben, stieg auch die Motivation.“
Automatisierung als Chance
Auch bei der Bezahlung ging er neue Wege. Statt immer auf die Abschlussrechnung zu warten, teilte er die Forderungen auf. Pauschalabschläge sorgten für kontinuierliche Einnahmen und führten zu einer linearen Kurve auf dem Konto. Christophs Erfolgsformel seither: Schaffe dir Strukturen und du hast selbst nur die Hälfte an Arbeit.
Seine freie Zeit nutzt er schon immer, um neue Ideen zu entwickeln. Durch die Einführung seines Online-Shops für Kinder- und Jugend-Tapeten stellte er fest, wie viele Prozesse sich automatisieren lassen. Auf den Baustellen sprach sich der Erfolg seines analogen Mappensystems herum. Nach dem zehnten Unternehmer, der ihn um eine Vorlage bat, erkannte Christoph das Potenzial für eine neue Geschäftsidee.
In Online-Coachings schulte der Unternehmer kurzerhand andere Handwerker*innen, ihre Firmen ebenfalls einem Strukturwandel zu unterziehen. Seine praxisnahe Beratung überzeugte und brachte Umsätze für seine eigens gegründete Marketingfirma. Doch da dachte der umtriebige Geschäftsmann schon längst an eine digitale Lösung für sein System.
„Der Malerbetrieb war für mich immer ein cooles Standbein. Das hat guten Grund und Boden und darauf lässt sich vieles aufbauen.“ — Christoph Baum