Mit dem Meistertitel zur Salonleitung
Doch beim Blick auf den Gehaltszettel war der jungen Frau schnell klar: Da geht noch mehr. „Heute sind die Löhne für Friseure schon andere, aber damals hat man deutlich weniger verdient.“ Für Jane ein Ansporn, trotz der Liebe zur praktischen Arbeit auch noch die Meisterschule zu absolvieren. „Ich war zum Glück nicht allein“, sagt Jane. „Den Meister habe ich zusammen mit einer Schulfreundin gemacht. Wir haben uns gegenseitig motiviert.“
Zurück im ehemaligen Ausbildungssalon übernahm sie direkt die Leitung – und das zu besseren Konditionen. Lehrlinge anlernen, Organisation, Teamführung: So hätte es weitergehen können. Jane stand ihre Frau. Das sprach sich herum. Sie sammelte Berufserfahrung, wurde sogar abgeworben. Doch irgendwann war für die Mutter von zwei Kindern klar: Eine neue Herausforderung muss her.
Ihr Mann ergriff schließlich die Initiative. „Er wollte er sich mit einer Kfz-Werkstatt selbstständig machen“, erzählt die Friseurin. „Er vereinbarte einen Termin bei der Handwerkskammer in Halle (HWK) und meldete auch gleich für mich Bedarf an.“ Von da an ging es Schritt für Schritt in die Selbstständigkeit. „Meine Beraterin Frau Kolb war mein Mittelpunkt. Ob Businessplan, Kalkulation oder Bankfähigkeit, ich konnte mich mit allen Fragen an sie und ihre Kollegen wenden. Das war viel Arbeit für die Handwerkskammer“, sagt die Hallenserin und lacht.
„Ich gehe das Risiko einfach ein, denn ich bin überzeugt, im Laden steckt noch ganz viel Potenzial und der Aufwand lohnt sich.“ — Jane Dobe
Vom Neuanfang zur Unternehmensnachfolge
Und auch der entscheidende Tipp für die Räumlichkeiten kam von der HWK. Jane war kurz davor, einen zu großen Laden zu mieten, ein Kompromiss nach mehreren erfolglosen Besichtigungen. Die Verhandlungen liefen schon und der Raumplaner wollte gerade loslegen, da kam der Anruf der Handwerkskammer und das Angebot zur Nachfolge im Salon am Stadtbad.
„Mein erster Gedanke war: Jetzt fängst du wieder bei null an“, sagt Jane. Doch gerade das erwies sich als Trugschluss, denn das Unternehmen konnte nicht nur bereits schwarze Zahlen vorweisen, sondern auch Kundschaft. Für das Bankgespräch und die Kreditvergabe ein klarer Vorteil. Zusätzlich überzeugten Quadratmeterzahl und Lage.
Gemeinsam mit der HWK prüfte Jane den Mietvertrag geprüft und auch bei der Schätzung des Unternehmens sowie der Vertragsgestaltung für die Übernahme gab es hilfreiche Tipps der Kammer-Expert*innen. Jane profitierte außerdem von der Meistergründungsprämie, einem Zuschuss der Investitionsbank Sachsen-Anhalt für Existenzgründer*innen im Handwerk in Höhe von 10.000 Euro. „Das hat gut geholfen, gerade zum Überbrücken der Umbauphase.“
Umbau wird zum Gemeinschaftsprojekt
Eine Maßnahme, die sich nicht verhindern ließ. Der Laden war etwas in die Jahre gekommen. Um Janes Traum vom eigenen lichtdurchfluteten, modernen Salon zu verwirklichen, bedurfte es einer grundlegenden Sanierung. „Der Fußboden, die Decken, es gab einiges zu tun“, erinnert sie sich. Gemeinsam mit dem Vorbesitzer des Salons, der HWK und dem Vermieter saß sie zusammen und suchte nach Lösungen. Schließlich übernahm der Hausbesitzer die Kosten für die baulichen Veränderungen. „Das war so toll. Eine große Hilfe“, freut sich die Unternehmerin noch heute.
Richtig los ging es im August 2018 erst einmal im alten Zustand. Der Umbau war für das Frühjahr 2019 geplant, doch die Typveränderung für den Salon am Stadtbad hatte begonnen. Jane übernahm nicht nur einen Laden mit Möbeln, Werkzeug und Material, sondern auch ein eingespieltes Team mit sieben Angestellten. „Ich war gerade 30 Jahre alt bei der Übernahme. Eine aufregende Zeit. Wir hatten insgesamt ein Jahr, um uns kennenzulernen und herauszufinden, ob es für alle passt.“ Am Ende passte es nicht ganz.
Vom ursprünglichen Team arbeiten noch zwei Kolleginnen im Salon. Mit Jane besteht das Team nun aus fünf Leuten: vier Friseur*innen und eine Kosmetikerin. Das sei ein guter Schlüssel, sagt Jane.
Neue Chefin, neues Image, neue Angebote
Worauf es der Gründerin in der Zusammenarbeit ankommt? „Die Qualität muss stimmen und es muss harmonisch sein im Team. So wie es jetzt ist, ist es perfekt.“ Schulungen sind für sie wichtig. Auch auf hochwertige Farb- und Pflegeprodukte legt Jane wert. Die Dienstleistungspalette im Salon wächst. Haarverlängerungen, 3D- oder 5D-Wimpernverdichtungen oder Shellac-Nägel sind Teil des Angebots. Ein Entwicklungsprozess, mit dem die junge Unternehmerin noch lange nicht am Ende ist.
Look und Image des Salons am Stadtbad bekamen eine Generalüberholung. Die Ausstattung tauschte Jane nach dem Umbau komplett aus. Es ist mehr Platz zwischen den Bedienplätzen und das Terminbuch ist heute digital. „Man muss immer investieren, gerade am Anfang“, sagt die Jungunternehmerin. Aber die Ängste, sich finanziell zu übernehmen, seien ausgestanden. „Ich gehe das Risiko einfach ein, denn ich bin überzeugt, im Laden steckt noch ganz viel Potenzial und der Aufwand lohnt sich.“ Jane ist sich sicher: „Die Selbstständigkeit ist das Beste, was mir passieren konnte.“
Veröffentlicht am 13. Oktober 2020
Autorin: Anne Breitsprecher
Fotografin: Carolin Krekow