Die prominente Lage in Halles beliebtem Paulusviertel war ein Grund für den Jungunternehmer, sich in der Gastrobranche selbstständig zu machen. Zufall war ein zweiter, denn eigentlich wollte Mohammed seit der siebten Klasse TÜV-Prüfer bei der Dekra werden. Gründen stand nicht auf dem Plan. Doch dann ging der Hallenser mit einem befreundeten Immobilienmakler am Reileck spazieren und vorbei an einem leer stehenden Ladengeschäft, in dem vorher ein Wrap-Bistro war.
Erst die Lage, dann die Geschäftsidee
Sein Freund wusste von der voll ausgestatteten Küche, sprach von Potenzial und geringen Investitionskosten. „Das ist voll die hippe Lage. Vor allem wir jungen Menschen treiben uns da oft rum. Ich hatte direkt Lust, was daraus zu machen“, sagt Mohammed. Dass er zu dem Zeitpunkt im zweiten Semester Maschinenbau in Merseburg studierte und überhaupt keine Gastroerfahrung hatte, störte den damals 19-Jährigen wenig. Nach einem Besichtigungstermin war es endgültig um ihn geschehen: direkt verliebt.
Erst im nächsten Schritt fragte er sich, was er aus dem Laden eigentlich machen wollte. „Ich dachte, ein Café wäre cool oder ein Waffelladen. Döner war nicht mein erster Gedanke, dabei liebe ich Döner und esse ihn sehr gern, aber nicht in Halle“, sagt Mohammed. Das damals bestehende Angebot in der Stadt sei ihm zu fettig gewesen. Der Gedanke ließ ihn nicht los: Wie könnte man den Döner gesünder machen? Da war sie, die Idee für sein Konzept.
Joghurt statt Mayo, Vollkorn statt Weizen
Er will Vollkornbrot statt Weißbrot und pure Saucen statt Mayo. „In unserer Kräutersauce ist zum Beispiel nur Joghurt mit Kräutern, das schmeckt man direkt raus“, sagt er. Auf eine vegane Alternative legte er bei der Entwicklung seiner Geschäftsidee wert, auch wenn er selbst Fleisch isst. „Ich habe viele Freunde, die sich vegan ernähren. Immer wenn wir essen gegangen sind, hatten wir das Problem: Wo gehen wir zusammen hin? Wo können wir alle günstig essen?“, sagt Mohammed. „Ich sehe es nicht ein, dass ein Veganer mehr bezahlen soll. Deshalb kostet bei mir der vegane Döner genauso viel wie der Döner mit Fleisch.“ Wie man Döner zubereitet, lernte der frisch gebackene Gastronom von seinen Mitarbeitern. Bei der Eröffnung im Juli 2019 stehen die Leute Schlange.
Zwei Jahre später wiederholt sich die Geschichte. Mit dem Unterschied, dass Mohammed mittlerweile Wirtschaftsingenieurwesen in Köthen studiert, weil er seine Zukunft eher in der Wirtschaft sieht als im Umgang mit Schrauben und Elementen. Dieses Mal macht ihn ein anderer Immobilienmakler auf einen leeren Laden an der Reilstraße aufmerksam. Nach nur 15 Minuten Verhandlung unterschreibt der Jungunternehmer den Mietvertrag. Mohammed weiß: So eine Chance wird sich in der Lage nicht so schnell wieder bieten. „Ich habe erst gedacht, ich mache ein NICE-Restaurant daraus, mit Sitzplätzen“, sagt er. „Aber zwei NICE-Läden so nah beieinander zu haben, das wäre blöd gewesen.“
Im Sprint zum Donut-Laden
Dann doch lieber ein ganz anderes Konzept. „In Berlin gibt es ja einen echt coolen Donut-Laden, den ich sehr feiere. Der verkauft auch vegane Donuts. Da habe ich mich gefragt, warum gibt es so etwas in Halle nicht?“ Das könnte krass werden, dachte sich der Gründer. Mit dem Bäcker, der ihn auch schon mit Vollkorn-Dönerbrot beliefert, entwickelt er einen veganen Teig für die in Fett gebackenen süßen Ringe, die im Anschluss mit frischem Obst, Cremes und leckerem Süßkram verziert werden.
Weil ihm Donuts allein zu eintönig sind und Bagels auch ein Loch haben, schreibt er sie ebenfalls in sein Konzept. Auch will der Gastronom unbedingt gesunde Getränke anbieten, daher erfindet Mohammed seine sogenannten „Smoothies mit Absichten“. Mixgetränke aus Obst und Gemüse, die Energie geben oder beim Entgiften des Körpers unterstützen sollen. Sein Credo beim Kreieren der Speisekarten: jede Menge Bio-Zutaten und möglichst regional. Kaffee und Eis bezieht er zum Beispiel von anderen Jung-Unternehmer*innen aus Halle.
Wenn Mohammed erzählt, wirkt vieles ganz leicht. Er sprüht vor positiver Energie. Der Name „JUICY“ für seinen neuen Laden sei ihm selbst eingefallen, das Logo sowie das markante Pink, in das sein Geschäft getaucht ist, und letztlich auch die Speisekarte habe er sich in vielen Nachtschichten allein überlegt. Vom Mietvertrag bis zur Eröffnung vergingen nur vier Wochen, ein Zeitplan, für den er von seinem Professor für Unternehmensgründung nur einen Satz kassiert: „Das können Sie vergessen.“ Doch der Coup gelingt. Auch vor dem JUICY bilden sich in den ersten Wochen lange Schlangen. Statt vorab geschätzten 100 Donuts am Tag, gehen weit über 1000 Kringel raus. Schnell braucht es größere Rührgeräte, um die Nachfrage bedienen zu können.
„Wenn man sein Ziel vor Augen hat und den Stein ins Rollen bringt, läuft alles automatisch.“ — Mohammed Fadhel Al-Lami